So begrüßt Aulus Sergius Primus, Centurio der 19. Legion, die Nutzer:innen der VR-Anwendung des LWL-Römermuseums. Ganz schön einschüchternd! Ebenso einschüchternd oder viel mehr herausfordernd war die Umsetzung dieser VR-Anwendung im Außengelände des Museums.
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“Denn Regen, Wind, Sonne, Hitze, Vandalismus … all dem musste der Centurio und seine Hülle in Form eines römischen Helms auf dem Außengelände des Museums trotzen. Das war eine besonders schwierige Herausforderung!”
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Denn Ziel war es, dass an originaler Stelle, wo einst römische Wachsoldaten patrouillierten, eine VR-Brille mit möglichst authentischem Äußeren diesen widrigen Verhältnissen standhalten sollte. Gemeinsam mit der Agentur Videoreality nahmen wir die Herausforderung der Planung und Installation der Hardware an.
Der erste Schritt war die Entwicklung einer Visitor, bzw. Customer-Journey, um die tatsächlichen Bedarfe und Erfordernisse der Nutzer:innen an die Anwendung zu ermitteln.
Das Projektteam entschied sich für den Einbau der VR-Brille in die Replik eines römischen Helmes. Nach verschiedenen Überlegungen wurde die PICO G2 als VR-Brille ausgewählt und angeschafft. Nun musste diese aber auch in den Helm eingebaut und nutzbar gemacht werden.
Es musste also eine outdoorfähige Konstruktion her, die ebenfalls ein römisches Aussehen haben sollte und die eine permanente Stromzufuhr ermöglichte. So entstand die Idee eines umgestalteten römischen Marschgepäckes: Auf einer hölzernen Tragestange wurde ein Schaumstoffball zur Ablage des Helmes angebracht. Oben am Helm war einerseits ein Drahtzug zur Befestigung und Sicherung, andererseits ein Stromkabel angebracht. Beide liefen bis zur Decke des Wachturms.
Auch wurde - insbesondere durch die Erfahrungen mit Corona - dem hygienischen Aspekt Rechnung getragen. Eine Ledertasche nach römischen Vorbildern dient als Behälter für Desinfektionstücher. Unterhalb des Tragegestells war ein römischer Eimer angebracht, um diese wieder entsorgen zu können.
Nach Fertigstellung der Hardware und des Zubehörs musste nur noch der bereits fertige VR-Film auf die VR-Brille gespielt werden. Im Vorfeld hatte bereits Faber Courtial in ihrem Studio in Darmstadt die Videoaufnahmen des beeindruckenden Centurios vor einem Greenscreen produziert.
Ab September 2022 ermahnte der römische Hauptmann dann die Nutzer:innen der VR-Brille auf dem rekonstruierten Westtor des einstigen römischen Hauptlagers von Haltern.
Jedoch kam es bereits in den ersten Wochen der Nutzung zu Problemen mit der Stromzufuhr sowie den Linsen der VR-Brille. Die Linsen der Brille waren nach kurzer Nutzungsdauer durch Sonneneinstrahlung beschädigt. Außerdem kam es zu einem unschönen Zwischenfall: Das hölzerne Tragegestell wurde durch Vandalismus komplett zerstört.
Die Stromzufuhr wurde optimiert. Eine neue Brille mit eingebauten “Sonnenschutz”, d. h. eine Klappe vor den Linsen, wurde in den Römerhelm verbaut. Um weiteren Beschädigungen entgegenzuwirken, wurde anstelle der hölzernen Tragegestells ein Metalltragegestell einer ortsansässigen Metallbaufirma installiert.
Für die Wintermonate 2022/2023 installierte das Museumsteam die Anwendung in der Dauerausstellung. An dieser Stelle funktionierte die VR-Brille deutlich besser, aber es gab weiterhin kleinere Probleme – wie beispielsweise beim Ladevorgang. Lief die Brille im Dauerbetrieb, war trotz des permanenten Anschlusses an die Stromversorgung nach einiger Zeit der Akku leer und keine weitere Nutzung möglich, bis der erneute Ladevorgang abgeschlossen war.
Im April 2023 wurde die Brille wieder an ihren ursprünglichen Platz auf dem rekonstruierten Westtor angebracht. Zahlreiche Besucher:innen tauchten virtuell in das römische Militärlager vor über 2.000 Jahren ein. Die intensive Nutzung führte immer wieder zu technischen Problemen. Erneut kam es zu Vandalismus. Wiederholt suchte das Museumsteam gemeinsam mit Videoreality nach Lösungen.
Auch in den Wintermonaten 2023/2024 holten wir die VR-Brille im Römerhelm wieder in die Dauerausstellung und spielten einen neuen Film mit der Darstellung des Einmarsches von Drusus ins Halterner Feldlager auf. Dieser VR-Film war innerhalb des Projektes “Archäologische Zeitmaschine” der Altertumskommission für Westfalen entstanden, der jetzt neben dem Centurio-Film im Museum gezeigt werden konnte. Umgesetzt wurde dieser Film von Faber Courtial.
Aus den vorangegangenen Jahren hatten wir gelernt: Beide Helme waren nun nicht mehr auf einer Furca angebracht, sondern wurden in die Sitzstufen in einem Erker der Dauerausstellung integriert. Auf einer herausziehbaren Schublade lagen die Helme. Diese Platzierung hatte den Vorteil, dass die Helme in den Schubladen zum Beispiel während einer Museumsführung in die Sitzstufe gefahren und die Schubladen abgeschlossen werden konnten.
Doch auch bei dieser Lösung kam und kommt es wiederholt zu Problemen mit der Stromzufuhr und der Konstruktion des Helmes. Besucher:innen hoben den Helm am Stromkabel hoch, sodass dieses brüchig wurde und wiederholt kaputt ging. Immer wieder wurden Kabel ersetzt und neue Befestigungen überlegt. Außerdem war wiederholt die Befestigung des Helmes mit Drehschraube am Hinterkopf kaputt. Festgestellt haben wir zudem, dass die Römerhelme aufgrund ihres Gewichts vor allem für jüngere Besucher:innen nicht einfach zu heben und auf den Kopf zu setzen waren.
Es bleibt festzuhalten, dass die dauerhafte Nutzung einer VR-Anwendung mit oder ohne Integration in die Kopie eines römischen Helms außerhalb und im Museum bislang kein Erfolg war. Nach unseren Erfahrungen ist diese Technik für eine dauerhafte Nutzung auf dem jetzigen Stand der Technik nicht zu empfehlen. Für uns bleibt der Umgang mit dieser VR-Technik weiterhin herausfordernd und wir hoffen für die Zukunft auf eine andere, langlebige Lösung.